HR Compliance: Die fünf größten Fehlerquellen im Arbeitsrecht

Liz ist Head of Legal bei twinwin.
Als Expertin für Arbeitsrecht gibt Liz gerne wertvolles juristisches Wissen an Personalverantwortliche weiter, damit diese kostspielige rechtliche Fehler vermeiden können. Ihre Mission bei twinwin ist es, das Arbeitsrecht für die Personalabteilung einfach zu machen.

Das deutsche Arbeitsrecht ist bekannt für seine Komplexität und arbeitnehmerfreundliche Ausrichtung. Als HR-Experte oder Unternehmer ist es daher unerlässlich, die grundlegenden Aspekte der HR Compliance zu verstehen, um rechtliche Fallstricke und kostspielige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Im Folgenden werfen wir einen genauen Blick auf fünf der größten Fehlerquellen im Zusammenhang mit HR Compliance und dem deutschen Arbeitsrecht. 

#5 Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist eine Vereinbarung, die es einem Arbeitnehmer nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses untersagt, in Konkurrenz zum ehemaligen Arbeitgeber zu treten.

Doch bereits vor der – zugegebenermaßen komplexen – Klauselgestaltung sollten HRler aufhorchen: Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot hat stets seinen Preis, und zwar den der sogenannten Karenzentschädigung!
Arbeitgeber sind also gut beraten, genau zu überlegen, ob ein Wettbewerbsverbot, gemessen am Know-how und der Position des Beschäftigten, tatsächlich verhältnismäßig ist.

Einmal vereinbart, ist eine einseitige Lösung des Arbeitgebers vom Wettbewerbsverbot nur noch unter bestimmten Voraussetzungen und Einhaltung gewisser Fristen möglich!

Hat der Arbeitgeber die Hürde des “ob” einmal genommen und ist nach sorgfältiger Betrachtung zu dem Schluss gekommen, dass ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot gewünscht ist, lauern bei dem “wie” bereits die nächsten Stolpersteine. 
Denn: Wettbewerbsklauseln sind fehleranfällig!

Fehler in Wettbewerbsklauseln führen regelmäßig zur Nichtigkeit oder Unverbindlichkeit selbiger. Dies führt entweder dazu, dass weder Arbeitnehmer noch Arbeitgeber an die Vereinbarung gebunden sind, oder dass sich der Arbeitnehmer aussuchen kann, ob er sich an das Wettbewerbsverbot hält und ihm somit die Zahlung der Karenzentschädigung zusteht, oder ob er selbiges unbeachtet lässt.
Auch Schadensersatzansprüche seitens des Arbeitnehmers sind im Falle der Nichtigkeit denkbar!

#4 Die unwirksame Befristung

Die Befristung von Arbeitsverträgen ist in Deutschland an enge rechtliche Vorgaben gebunden. Nach deutschem Recht können Arbeitsverträge mit oder ohne Sachgrund befristet werden. 

Liegt eine sachgrundlose Befristung vor, ist diese für maximal 2 Jahre möglich: innerhalb dieses Zeitraums darf der Vertrag dreimal verlängert werden. 

Aber Achtung: Gleichzeitig mit einer Verlängerung auch direkt ein paar Änderungen vornehmen? Eine schlechte Idee. 

Außerdem nicht vergessen: Bei Abschluss eines ohne Sachgrund befristeten Arbeitsvertrags darf kein vorheriges Arbeitsverhältnis bestanden haben! 

Den befristeten Arbeitsvertrag schnell einmal digital signieren? Fehlanzeige. 

Auch bei der Befristung mit Sachgrund passieren schnell Fehler. Das Gesetz enthält zwar eine Aufzählung sachlicher Gründe, diese ist jedoch nicht abschließend, auch andere, nicht im Gesetz genannte Gründe können die Zulässigkeit einer Befristung grundsätzlich rechtfertigen. 

Hier ist jedoch äußerste Vorsicht geboten, denn der Grund sollte mit den im Gesetz genannten Gründen mindestens gleichwertig sein.

Im Streitfall kann das zuständige Gericht den Sachverhalt anders beurteilen als der Arbeitgeber, eine erfolgreiche Entfristungsklage seitens des Arbeitnehmers führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis als unbefristet geschlossen gilt.

#3 Bonus, Bonus, Bonus


Wie kann etwas, das so schön klingt, so viel Kopfzerbrechen auslösen? Einfach gesagt: Bonuszahlungen sind eine komplexe Angelegenheit.

Wenngleich Bonuszahlungen gängige Praxis sind, um Mitarbeiter zu motivieren und / oder an das Unternehmen zu binden, ist es auch einer der Bereiche, in dem die meisten rechtlichen Fehler passieren. Und diese Fehler werden schnell sehr sehr teuer.

Zunächst gilt es bei Boni zwischen Gratifikationen, Provisionen und Sonderzahlungen zu unterscheiden, denn: Bonus ist nicht gleich Bonus.

Leistungsabhängige Bonuszahlungen beziehen sich auf die individuelle/betriebliche Leistung und gewähren dem Arbeitnehmer einen variablen zusätzlichen Vergütungsanspruch. 

Leistungsbezogene Boni können nicht freiwillig sein - wenn die festgelegten Ziele erreicht werden, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf die Vergütung.

Handelt es sich um wiederkehrende Zahlungen, sollte eine Bonusvereinbarung abgeschlossen werden. 

Bonusvereinbarungen sind fehleranfällig: Die Regelungen dürfen nicht widersprüchlich oder intransparent sein. Unklare oder vage Formulierungen führen immer wieder dazu, dass Arbeitnehmer Ansprüche geltend machen können, die so nicht beabsichtigt waren.
Bonusvereinbarungen sollten darüber hinaus zusätzliche Bestimmungen enthalten, z. B. die Möglichkeit, die Vereinbarung zu widerrufen, die sorgfältig formuliert sein müssen, um rechtmäßig zu sein.

Andere Sonderzahlungen ("Gratifikationen") hingegen sind einmalige, leistungsunabhängige Zahlungen, die z. B. an die Betriebszugehörigkeit oder Betriebstreue geknüpft sind. Diese sollten immer unter der Bedingung stehen, dass sie freiwillig sind, so dass kein Anspruch entsteht (z. B. Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld). 

Wird die zusätzliche Zahlung jedoch regelmäßig gezahlt, hat der Arbeitnehmer möglicherweise einen Anspruch darauf. 

Häufig findet sich in Arbeitsverträgen auch ein sogenannter "Freiwilligkeitsvorbehalt" für Zuwendungen, der verhindern soll, dass ein solcher Anspruch entsteht. Allerdings sollte bei jeder Gratifikation (z. B. in einem Anschreiben) darauf hingewiesen werden, dass diese Zahlung freiwillig ist und dass kein Anspruch besteht. 

#2 Scheinselbstständigkeit

Scheinselbstständigkeit bezieht sich auf eine Situation, in der eine Person als Selbstständiger oder Freiberufler tätig ist, aber in Wirklichkeit als abhängig beschäftigt angesehen werden sollte.
Sollte im Rahmen einer Betriebsprüfung das Vorliegen der Scheinselbstständigkeit festgestellt werden, ist dies mit ernsthaften rechtlichen und finanziellen Konsequenzen für das betreffende Unternehmen verbunden.
Auch eine Strafbarkeit gemäß § 266a StGB kommt in Betracht.
Relevant ist, wie die Zusammenarbeit tatsächlich gelebt wird und nicht, was im Freelancer-Vertrag steht.

Die Feststellung der Scheinselbstständigkeit kann auch noch nach Beendigung der freien Mitarbeit erfolgen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die Beurteilung der Scheinselbstständigkeit von verschiedenen Faktoren abhängt, für eine erste Risikoevaluierung und best practices können twinwin Kunden daher unseren Freelancer Check nutzen.

# 1 Die Kündigungsschutzklage

Nach Ablauf der Probezeit und Bestehen des Kündigungsschutzes ist eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig nur bei Vorliegen von besonderen Gründen (betriebsbedingt, personenbedingt, verhaltensbedingt) und unter Wahrung der Kündigungsfrist möglich. An eine wirksame Kündigung durch den Arbeitgeber sind hohe rechtliche Anforderungen geknüpft und unwirksame Kündigungen setzten das Unternehmen sowohl erheblichen rechtlichen als auch finanziellen Risiken aus. 

Innerhalb von drei Wochen nach Zugang einer Kündigung hat der gekündigte Arbeitnehmer die Möglichkeit, Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht einzureichen. 

Eine solche Klage kostet den Arbeitgeber nicht nur viel Geld, sondern auch Nerven. Wie man sich hingegen nicht nur fair, sondern auch rechtssicher trennen kann, finden twinwin Kunden mit unserem Trennungsmanager heraus. 

Last but not least:

Die vielleicht größte Fehlerquelle im deutschen Arbeitsrecht ist es, nicht auf dem Laufenden zu bleiben.

Allein in diesem und letztem Jahr änderte sich die Rechtslage im Arbeitsrecht gewaltig, sodass teure Fehler selbst bei besten Intentionen hinter jeder Ecke lauern.

Wie schätzt du deine Kenntnisse im Arbeitsrecht ein? Steckst du noch in den Anfängen oder bist du bereits Experte? Finde es heraus, mit dem twinwin Arbeitsrecht-Quiz auf deutsch oder englisch! Achtung, schwierig! ;-)